CNL #10: Wie Du systematisch Product-Market-Fit für Dein Startup findest (mit dem "Sean Ellis Test")
Wahrscheinlich hast Du schon einmal gehört, dass Product-Market-Fit der Schlüssel zum Erfolg von Start-Ups ist. Und dass fehlender Product-Market-Fit hinter fast jedem Misserfolg steckt.
Ohne Product-Market Fit geht gar nichts
Fehlender Product-Market-Fit raubt Gründer:innen den Schlaf. Sie können dem Jammertal ("trough of sorrow" in der Grafik oben) nur entkommen, wenn sie Product-Market-Fit finden. Erst dann wird ein Skalieren möglich.
Product-Market-Fit bedeutet, dass genügend Leute Dein Produkt wirklich haben wollen.
Wenn Du beim Verkauf Deines Produkts an diese Leute einen Gewinn machst (Product-Business-Model Fit) und einen Weg findest, aus dieser Zielgruppe nachhaltig Kunden zu gewinnen (Product-Growth Fit), hast Du einen echten Volltreffer gelandet.
Aber: Ohne Product-Market Fit geht erst einmal gar nichts!
Du hast ihn, oder Du hast ihn nicht
Ein Aspekt, der den Weg zu Product-Market-Fit besonders steinig macht: Du hast ihn, oder Du hast ihn nicht. Es ist eine An-/Aus- oder I/O Konstellation:
Du spürst deutlich, wenn Du keinen Product-Market-Fit hast. Zum Beispiel sind Kunden nicht wirklich begeistert von dem Produkt, es spricht sich nicht herum, Du hast Schwierigkeiten, zu monetarisieren usw. Gleichermaßen spürst Du deutlich, wenn Du Product-Market-Fit hast: Die Nutzung ist intensiv und wächst schnell, Deine Nutzer:innen sprechen mit ihren Freunden über Dein Produkt usw.
Solange Du keinen Produkt-Market-Fit hast, tappst Du aber im Dunkeln. Und es ist sehr schwer auszumachen, ob und wie schnell Du Fortschritte machst - oder ob Du völlig in die falsche Richtung rennst.
So simpel wie genial: der Sean-Ellis-Test
Hierfür gibt es eine so simple wie geniale Lösung: Den "Sean-Ellis Test". Er geht zurück auf Sean Ellis, den ersten Marketer bei Dropbox. Sean Ellis hat auch den Begriff "Growth Hacking" geprägt.
Der Sean-Ellis test ist eine simple Umfrage unter Deinen aktuellen Nutzern. Die Hauptfrage dieser Umfrage ist:
Wie würdest Du Dich fühlen, wenn Du [Produkt] nicht mehr verwenden könntest?
- sehr enttäuscht
- ein bisschen enttäuscht
- nicht enttäuscht.
Hier ist unsere Jurafuchs-Umsetzung:
Das ist der entscheidende Benchmark: Solange 40 % der befragten Kunden sagen, dass sie "sehr enttäuscht" wären, wenn sie Dein Produkt nicht mehr nutzen könnten, hast Du Product-Market-Fit.
Wenn Du der Umfrage noch um zwei Fragen erweiterst (Was ist der Hauptnutzen, den Du von [Produkt] hast? Wie könnten wir [Produkt] noch besser für Dich machen?), hast Du gleich eine statistisch relevante Auswertung der Produkt-Features, die Deine Nutzer:innen sich wünschen, aus der Du eine Product-Roadmap entwickeln kannst.
Fortschritte messen über Zeit
Jetzt kommt das Beste: Wenn Du diese Umfrage Deinen Nutzer:innen über längere Zeit regelmäßig (am besten: automatisiert) stellst, kannst Du Deine Fortschritte auf dem Weg zu Produkt-Market-Fit und darüber hinaus genau nachvollziehen.
Wir liegen bei Jurafuchs seit einigen Jahren im Schnitt über 40%. Wir gehen aber bereits auf die 50% zu. Das gibt uns die Gewissheit, dass wir Jurafuchs entlang der tatsächlichen Bedürfnisse unserer Ziegruppe entwickeln. Wir können zudem bei einzelnen Features echte Ausschläge erkennen.
Vorübergehende Schwankungen sind normal und bei Jurafuchs auf unterschiedliche starke Beteiligungen an der Umfrage zurückzuführen. Wir aggregieren die Umfrage nach Kalenderwochen und da kann es vorkommen, dass in manchen Wochen etwa nur 100 Nutzer:innen an der Umfrage teilnehmen.
Die Sean-Ellis-Metrik bleibt post-revenue relevant
Nun könnte man denken, dass die Product-Market-Fit-Metrik nicht mehr relevant ist, sobald man das Produkt erfolgreich monetarisiert. Denn dann gibt es andere Metriken, die Rückschlüsse auf den Produkt-Market-Fit zulassen, z.B.
- Monthly Recurring Revenue
- Customer Activation-Rate
- Customer Retention-Rate
- usw.
Allerdings bleibt für uns die Produkt-Market-Fit Metrik relevant. Und zwar für die Produktentwicklung. Revenue, Activation und Retention sind gleichermaßen wichtige Metriken, sie sind aber häufig von anderen Faktoren beeinflusst, wie z.B.
- Marketing-Kanäle
- Preisänderungen
- Saisonalität
Die Ergebnisse des Sean-Ellis-Tests hingegen geben uns einen klaren Blick darauf, wie wichtig unser Produkt für unsere Nutzer:innen ist bzw. wie schmerzlich sie es vermissen würden, wenn sie es nicht mehr nutzen könnten. Daran werden wir auch in Zukunft die Erfolge unserer Produktentwicklung messen.