CNL #7: Wie Du mit Fake-Door-Tests Zeit und €€€ sparst
Es gibt deshalb nichts Schlimmeres, als Ressourcen in Produkt-Features zu investieren, die niemand braucht, nutzt und liebt. 🤯
Der Gold-Standard: Die "Lean Startup"-Methodik
Was Nutzer:innen lieben, ist aber in der Regel schwer vorherzusagen. Deshalb hat sich die "Lean Startup" Methode durchgesetzt, die Eric Ries populär gemacht hat. Die drei Schlüsselprinzipien:
- Build-Measure-Learn-Zyklen: Schnell minimum viable Products auf den Markt bringen und aus den Kundenreaktionen lernen.
- Validiertes Lernen: Lernen anhand von empirischen Tests und quantifizierten Marktreaktionen.
- Inkrementelle Innovation: Anstatt mit einem "Big Bang" ein vollständig fertiges Produkt einzuführen: schrittweise Entwickeln und anhand von validiertem Lernen verbessern.
Das Problem dabei: Selbst eins simples Feature zu bauen, kostet sehr viel Geld.
Mehr Experimente und weniger Risiko mit "Fake Door Tests"
Es gibt aber einen besseren Weg: "Fake-Door-Tests" sind eine Methode in der Produktentwicklung, um das Interesse der Nutzer an einer möglichen neuen Funktion zu testen, bevor sie tatsächlich entwickelt wird. Dazu wird dem Nutzer eine "falsche Tür" präsentiert - meistens in Form eines Buttons oder Links für die neue Funktion. Wenn der Nutzer darauf klickt, wird er informiert, dass diese Funktion noch nicht verfügbar ist. Die Anzahl der Klicks gibt dann einen Hinweis darauf, wie groß das Interesse an der neuen Funktion ist.
Mit Fake-Door-Tests kannst Du viel mehr Experimente machen: Ein vollständiges Feature bei Jurafuchs kostet häufig 2.500€ oder mehr. Einen Fake-Door-Test können wir oft für ~500€ umsetzen. Mit einem Budget von 100.000€ kannst Du dann statt 40 satte 200 Experimente durchführen (=5x so viele).
Die "Fake-Door-Test"-Methode (teilweise auch "Potemkin'sche Dörfer" genannt) ermöglicht es Dir, das Interesse an einem Produkt oder Feature zu messen, bevor Du Ressourcen für die eigentliche Entwicklung aufwendest.
So einfach führst Du einen "Fake-Door-Test" durch:
1. Hypothese: Formuliere Deine Zieldefinition und schreibe sie auf!
2. Fake-Door: Erstelle ein pixelperfektes Design der zu testenden Funktion, Anwendung, Landing Page etc. und implementiere eine Schaltfläche, einen Link, einen Button, eine Landing Page etc, die so aussehen, als ob sie zur Nutzung des Produkts oder Features führen würden.
3. Messen: Messe, wie viele Personen auf die "Fake Door" klicken oder darauf reagieren. Erhebe zusätzliche relevante, Daten, z.B. wie lange die Nutzer auf der Seite bleiben, ob sie versuchen, das nicht existierende Produkt zu kaufen etc. Du kannst auch eine kurze Umfrage einblenden, wenn jemand die Funktion nutzen möchte.
4. Analysieren & Entscheiden: Wie stehen die gesammelten Daten im Verhältnis zu Deinen Erwartungen? Wenn nur sehr wenige Nutzer:innen auf das Angebot reagieren, kann dies darauf hindeuten, dass es nicht genug Interesse gibt, um die Entwicklung zu rechtfertigen. Wenn das Interesse jedoch hoch ist, kann dies ein starkes Signal dafür sein, dass es sich lohnt, in die Entwicklung des Produkts zu investieren. Führe je nach Ergebnis einen angepassten Test durch oder Entwickle die Funktionalität.
Ist das nicht unehrlich?
Mit der richtigen Herangehensweise können "Fake Door Tests" eine wertvolle Methode zur Validierung von Produktideen sein, ohne das Vertrauen der Nutzer zu untergraben. Gehe respekt- und rücksichtsvoll mit der Zeit und den Interessen der Nutzer um:
1. Transparenz: Informiere Deine Nutzer:innen, die durch die "Fake-Door" laufen darüber, dass es sich um einen Test handelt. Ein einfacher Hinweis, dass das Produkt oder die Dienstleistung in Entwicklung ist und dass das Unternehmen Feedback sammelt, kann dazu beitragen, Missverständnisse zu vermeiden.
2. Feedback: Wenn ein Nutzer Interesse an einem Produkt oder einer Dienstleistung zeigt, bitte ihn um Feedback. Dies stärkt die Beziehung zu den Nutzern und bringt Dir weitere wertvolle Erkenntnisse für die Produktentwicklung.
3. Wertschätzung zeigen: Bedanke Dich bei den Nutzern für ihre Teilnahme und informiere sie, wenn das Produkt / Feature tatsächlich verfügbar ist.
4. Schnelle Kommunikation: Wenn Nutzer versuchen, das Produkt oder die Dienstleistung zu kaufen oder zu nutzen, informiere sie so schnell wie möglich darüber, dass es sich um einen Test handelt. So vermeidest Du, dass Nutzer sich verwirrt oder getäuscht fühlen.
Nicht nur bei digitalen Produkten
"Fake Door Tests" werden häufig allein mit digitalen Produkten und Dienstleistungen assoziiert. Tatsächlich ist der Anwendungsbereich breiter. Wenn Du analoge Produkte über das Internet verkaufst, sind Fake Door Tests auch möglich. Ein tolles Beispiel ist die Deutsche Bahn, die bei der Sitzbplatz-Buchung seit Kurzem für €25,00 ein Upgrade auf eine Einzelkabine zum Arbeiten anbietet. Buchen lässt sich das nicht – wer sich dafür interessiert, landet bei einer Kundenumfrage. Auf diese Weise dürfte die Bahn sehr aussagekräftige Daten generieren, ohne einen einzigen Zug umzubauen.