CNL #6:Warum weniger mehr ist und wie Du radikalen Fokus findest
"There is no greater waste than to do with excellence that which shouldn't be done at all." - Peter Drucker
Stell Dir vor, Du hättest einen geheimen SUPER-KICK. Wenn Du perfekt zielst und auf ein Problem losgehst, löst sich Dein Problem sofort in Luft auf. Es gibt aber zwei Haken: Du kannst diesen Kick nur einmal am Tag benutzen, danach muss Du 24 Stunden warten, bis er wieder verfügbar ist. Und: wenn Du mehrere Ziele zugleich treffen möchtest, triffst du keins - und fliegst stattdessen auf die Nase.
Jeder von uns hat eine geheime Super-Waffe, wir setzen sie nur nicht konsequent genug ein
Tatsächlich verfügt jeder von uns über so einen imaginären SUPER-KICK. Es gibt aber eine Reihe von Gründen, warum wir ihn nicht konsequent einsetzen, z.B.:
- Zu viele Ziele: "Wenn Du mehr als fünf Ziele hast, hast Du keins." (Peter Drucker). Ich würde weitergehen: Zu jedem beliebigen Zeitpunkt kann nur ein Ziel in Deinem Fokus liegen.
- Ablenkung: E-Mails, soziale Medien, Push-Notifications, WhatsApp, Anrufe usw. Wenn Du keine echte Angst hast, dass Social Media Dich manipuliert, schau "The Social Dilemma"
- Müdigkeit oder Erschöpfung: v.a. Mangel an Schlaf,
- Stress und Überlastung: Viel zu viele Aufgaben, straffe Fristen & unrealistische Erwartungen.
Um dagegen anzukommen, genügt nicht allein Entschlossenheit oder ein bestimmtes MINDSET. Du brauchst ein System, das Dich täglich dabei unterstützt, Deinen Fokus zu finden.
Dein System für mehr Fokus
Hier sind fünf einfach umzusetzende Gewohnheiten, die Dir täglich Fokus geben.
1. Identifiziere am Vortag das wichtigste Problem/die wichtigste Chance für den Folgetag
Aber: Entscheide bereits am Endes eines Arbeitstages, oder spätestens am Abend, worauf Du Deinen Fokus am nächsten Tag legst. Sonst läufst Du Gefahr, am nächsten Morgen E-Mails zu checken und hineingesaugt zu werden in Anfragen, Probleme, Diskussionen usw. Das ist mir selbst unzählige Male passiert. Jetzt versuche ich jedem Tag eine "Überschrift" zu geben, bevor er beginnt. In meiner To-Do-Liste (Things 3) gibt es dafür das "Top"-Tag.
2. Sei zuerst kreativ, dann reaktiv
Du solltest vermeiden, ein Bottle-Neck für Dein Team zu sein, d.h. dass andere Ihre Arbeit nicht voranbringen können, weil sie auf Dich warten. Das bedeutet aber nicht, dass Du alle Anfragen sofort beantworten solltest. Erwarte das im übrigen auch nicht von Deinem Team: Wem wäre gedient, wenn Deine Team-Mitglieder ihren Fokus verlieren, nur weil Du keine Geduld hast? Asynchrone Kommunikationskanäle (z.B. über Slack) haben ja gerade den Vorteil, dass jeder antworten kann, wenn es gerade passt (natürlich gibt es Ausnahmen).
Ich habe mir im Kalender ein paar Zeiten für kreative Arbeit geblockt. In dieser Zeit arbeite ich an meinem Fokus-Thema, sei es an einem Konzept, an einem Artikel, einer Idee, was immer es gerade ist. In diesen Zeiträumen gibt es keine Meetings und in der Regel auch keine Unterbrechungen.
3. Keine selbstverschuldeten Unterbrechungen
Es gibt verschiedene Studien, wonach es zwischen 15 und 25 Minuten dauert, um zu einer ursprünglichen Tätigkeit zurückzukehren, nachdem man durch Benachrichtigungen, E-Mails etc. abgelenkt wurde. Bei komplexen Aufgabe kann es sogar noch deutlich länger dauern, manchmal kommst Du dann auch gar nicht mehr zu der Aufgabe zurück. Durch wiederholte Unterbrechungen verlierst Du aber nicht nur Zeit, sondern auch kognitive Energie, die verschwendet wird, um zwischen Aufgaben zu wechseln (=unproduktiv). Vermeide deshalb Unterbrechungen so weit wie möglich. Die schlimmsten Finger:
Push-Notifications, z.B. von Nachrichtenapps: einfach ausschalten, es sei denn Dein Job ist es, sekundengenau über Tagesereignisse informiert zu sein;
E-Mails: Es mag effizient sein, 30x am Tag alle eingehenden E-Mails als gelesen zu markieren, sie in einem bestimmten Ordner-System abzulegen usw. (ich war darin jahrelang Meister). Aber es ist nicht effektiv, im Sinne von: Es bringt Dich nicht voran! "Wenn man etwas Unwichtiges gut macht, wird es nicht wichtig." (Tim Ferriss) Ich habe das E-Mail-Thema erst kürzlich in den Griff bekommen, mit der App "Superhuman" - erstelle Whitelisten für Favoriten und wichtige Absender. Alles andere kannst Du einmal am Tag überfliegen.
4. Zwei-Minuten-Regel
Alles, was 2 Minuten oder kürzer dauert: sofort erledigen. Es kostet mehr Zeit, dazu einen Eintrag in der To-Do-Liste zu machen und später darauf zurückzukommen.
5. Radikaler Perfektionismus ist mit Fokus nicht vereinbar
In meiner Zeit als Rechtsanwalt haben wir nahezu perfekte Schriftsätze produziert: Alle starken Argumente, so knapp und verständlich wie möglich formuliert, und jeder Verweis, jedes Komma, jeder Abstand perfekt formatiert. Ich war sehr stolz auf diesen Perfektionismus. Ich habe mich und andere lange daran gemessen. So war es einfach: Alle Arbeitsergebnisse müssen perfekt sein. Alles, was der Mandant verlangt, muss gemacht werden.
Im Startup hat es lange gedauert, mein Repertoire zu erweitern. Wenn Du produktiv sein möchtest, brauchst Du drei Arbeitsmodi, je nach Kontext:
- Gar kein Arbeitsergebnis: Hier greift das Drucker-Zitat von oben: "There is no greater waste than to do with excellence that which shouldn't be done at all." Zielsicher die Dinge zu identifizieren, die nicht gemacht werden sollten, ist eine Kunst. Fange klein an und feiere jedes To-Do, was Du ohne echte Konsequenzen streichen kannst.
- 80% perfektes Arbeitsergebnis: In vielen Konstellationen greift das Pareto-Prinzip: 80% des Ergebnisses lassen sich in 20% der Zeit erreichen. Es wäre Wahnsinn, alle Themen perfekt machen zu wollen. Gerade in unsicheren Umfeldern, wie der Startup-Welt, aber auch in Krisen gilt: perfectionism is a liablity - und wird Dich wahnsinnig langsam machen. Wenn Du Perfektionist:in in allem bist: Das als Schwäche zu erkennen ist der erste Schritt zur Besserung.
- Perfektes Arbeitsergebnis: Perfekte Ergebnisse gehören natürlich zum Repertoire. Wer nie perfekte Arbeitsergebnisse produziert, hat auch ein Problem. Aber: Diesen Maßstab solltest Du nur bei ganz ausgewählten Themen anlegen, im Startup z.B. in einem wichtigen Pitch Deck, oder in einer Kern-Funktionalität des Produkts.
6. Zusammenfassung
- Find das eine Thema für den nächsten Tag.
- Sei zuerst kreativ, dann reaktiv.
- Keine selbstverschuldeten Unterbrechungen
- Was 2 Minuten oder weniger kostet: sofort erledigen.
- Dein Perfektionismus ist eine Schwäche. Entwickle ein Repertoire: gar nicht tun, 80/20 Regel, perfekt abliefern.